Majuskeln, Minuskeln und die Form des Schaftes

Die alte gotische Schrift auf Petschafte und Siegel-Ringen veränderte sich im Laufe der Zeit. Dadurch lassen sich heute solche Exemplare zeitlich relativ gut einordnen. So findet man auf den Umschriften der ganz alten Petschafte gotische Majuskeln (Großbuchstaben) und später gotische Minuskeln (Kleinbuchstaben). Aber auch die Formen der Petschafte, die Art der Griffe und die Darstellungen der Siegelbilder können bei der Datierung eine Hilfe sein.

Von etwa 1200 bis 1420 wurden gotische Majuskeln verwendet, je gröber, desto älter ist der Siegelstempel. Das sieht man z.B. recht deutlich, wenn man sich die alten, schildförmigen Petschafte der Ritter anschaut.

Im 13. und 14.Jh. bestand die Handhabe des Petschaftes häufig aus einem einfachen Steg mit Öse, an welcher das Petschaft an einer Metall-Kette oder am Lederband getragen wurde. Selten befinden sich an solch einer Kette mehrere Petschafte des Eigentümers.

Ab Ende des 14.Jh. entwickelte sich an der Rückseite des Petschaftes aus dem Steg eine sog. Handhabe, häufig ein balusterförmiger Griff, bzw. ein stark profilierter Schaft mit Öse. Diese Ösen waren meist rund, es gab aber auch einige in Dreipass- oder Vierpass-Form. Die flachen, stegförmigen Griffe waren aber noch eine Weile in Mode.

Von etwa 1380 bis 1520 wurden meist gotische Minuskeln genutzt, das Siegelbild wurde verspielter, z.B. durch Schildhalter, Stechhelm, Helmzier und Schriftbändern. Die Art der Handhabe (Steg oder Balustergriff) hilft in dieser Zeit bei der Datierung zunächst kaum weiter.

Um ca. 1520 wurde das Bienenwachs durch den Siegellack verdrängt – die Siegel wurden kleiner, oval statt rund und die Umschrift entfiel bei persönlichen Petschafte. Das hing auch mit einem veränderten Gebrauch der Siegel zusammen, die nicht mehr mit Bändern an die Urkunde angehängt wurden, sondern direkt auf das Blatt gestempelt wurden.

Innerhalb der neuzeitlichen Petschafte kann man oft die Stempel des 16. Jhdt. von den jüngeren unterscheiden, da diese alten Siegel fast alle einen tartschenförmigen Wappenschild und eine einfache Gestaltung aufweisen. Danach wird es dann eher unübersichtlich bei den Siegelbildern und man sollte die Handhabe stärker zur Datierung mit einbeziehen.

Ab dem 17. und 18. Jh. nimmt die Anzahl der privaten Petschafte rapide zu. Häufig sind dann die persönlichen Initalien mit den Symbolen des Handwerks, später auch zahlreich Herzen, Blumen, Pfeile auf den Siegelbildern zu finden. Parallel zu dieser Zeit sind zahlreiche Petschafte des niederen Adels überliefert, deren Siegelbilder nicht immer den heraldischen Regeln entsprechen.

Eine weitere Steigerung der Anzahl der privaten Petschafte erfolgte dann im 19. und 20. Jh.. Diese Siegel-Stempel sollen jedoch aus sicher verständlichen Gründen nicht das Haupt-Thema dieser Internetseite sein.

Im folgenden ist das Alphabet mit Majuskeln zu sehen.

 

 

 

 

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