Einen selten Fund stellt dieses spitzovale Petschaft dar. Gefunden wurde das Petschaft mittels Metalldetektor im Jahre 2005 durch den ehrenamtlichen Bodendenkmalpfleger Jochim Weise auf einem Acker in der Nähe von Lübeck. Die Veröffentlichung in den archäologischen Nachrichten 2013 gibt uns folgenden Einblick in die Lesung der Umschrift:
„Aufgrund des Schadens fehlen neben der oberen Kopfhälfte der Figur auch Teile der in Latein verfassten Umschrift (Legende). So ist nur das Folgende erhalten:
[Buchstabenfragment] TPARBURNĒSIS • ECLESIEMAIORPRE [Buchstabenfragment]
Mit PARBURNĒSIS liegt eine Verkürzung von Paterburnensis vor, einer mittelalterlichen Form des Stadtnamens von Paderborn (Nordrhein-Westfalen). Angehängt ist einelateinischeensis-Endung, die Kombination bedeutet ‚von Paderborn‘.
Das (unvollständige) MAIORPREwiederum lautetkomplett MAIOR PREPOSITUS. Dies bezeichnet einen Domprobst, also den Vorsteher eines Domkapitels und Inhaber eines wichtigen geistlichen Amtes.Das ebenfalls verkürzte ECCLESIEsteht daher nicht alleinfür eine Kirche sondernauch synonym für das Bistum bzw. die zu diesem gehörende Hochkirche.
Nicht sicher zu rekonstruieren war jedoch der vor PARBURNĒSIS stehende Name. Klärung brachte hier erst ein relativ gut erhaltenes, wahrscheinlich einst mit dem Groß-GrönauerTypar angefertigtes Siegel.Sein ursprünglicher Besitzer hieß „Lambert“.Aufdessen komplettem Siegel stand:
† LA(m)BERT(us) PA(te)RBURNE(n)SIS • EC(c)LESIE MAIOR PREPOSIT(us)
Dies entspricht in heutigem Deutsch (vereinfacht):
† Lambert Dompropst von Paderborn
Über Lamberts Herkunft, Kindheit und Jugend wissen wir nichts. Geboren wurde er aber vermutlich um das Jahr 1150, denn seit 1173 tritt er in Urkunden des Erzstifts Paderborn als Domherr, in Erscheinung. Wenn Lambert in der Sekundärliteratur gelegentlich dem Adelsgeschlecht „von Oesede“ zugeordnet wird, so ist dies quellenmäßig nicht belegbar und fußt augenscheinlich auf einem Irrtum. Seine Familie ist heute nicht mehr bekannt.
Von 1185 bis 1197 hatte Lambertin Paderborn das Amt eines cellerarius (Kellermeister) inne. Damit war er zuständig für die Verwaltung von Küche und Keller des Domkapitels. Zudem verteilte er dessen Einkünfte an Domherren und Angehörige des Brüderhofes und hatte auch die Oberaufsicht über das Dienstpersonal.
Ab 1202 wird Lambert dann erst als Propst, später als Dompropst genannt. Als solcher verfügte Lambert über eine vergleichsweise große Machtfülle: So war er Vertreter des Bischofs nach außen und innen, leitete das Domkapitel, übte die Jurisdiktion über die Domherren aus und besaß die wirtschaftliche Aufsicht über die Güter des Domstifts sowie die Oberaufsicht über dessen Verwaltung. Ferner besorgte er die gerechte Verteilung der Einkünfte des Kapitels unter die Domherren. Vermutlich aufgrund seines fortgeschrittenen Alters konnte Lambert dann nach 1216 sein Amt vorübergehend nicht mehr angemessen ausüben. Daher übernahm 1217 Gerhard von der Lippe seine Aufgaben. Als Gerhard 1219 zum Erzbischof von Hamburg-Bremen gewählt worden war, fungierte Lambert dann 1220 noch einmal kurzfristig als Dompropst.
Wann genau er schließlich starb, ist unbekannt. Als frühestmöglicher Termin kann aber der 13. März 1221 gelten, denn Lambert siegelte, soweit bekannt, zuletzt im Oktober 1220 und wird unter dem Datum 13. März im Nekrolog des Klosters Abdinghof geführt. Wie für Paderborner Dompröpste seiner Zeit üblich, wurde er wohl im dortigen Dom beerdigt. Von seinem Grabmal, das sich vermutlich im Südarm des Ostquerschiffes, dem sogenannten Pfarrflügel, befand, sind jedoch keine Spuren überliefert.“